Im letzten Newsletter haben wir die in der idyllischen Laufentaler Hügellandschaft versteckte St. Wendelinkapelle in Kleinblauen vorgestellt. Der Kontrast zu unserem Februar-«Baselbet» könnte nicht grösser sein: Dieses befindet sich in der grössten Baselbieter Gemeinde an einem der meistfrequentierten Verkehrskreiseln der Region.
Die Rede ist vom Reinacher Kury-Kreuz.
So leer ist dieser Kreisel nur am frühen Sonntagmorgen.
Das Kury-Kreuz (links unten im Bild) als Wendepunkt der Reinacher Fasnacht.
Die «bewegte» Geschichte des Kury-Kreuzes
Gestiftet wurde das mit vielen Details geschaffene Wegkreuz 1761 von Franz Anton Goetz. Er war Hofkammerrat des Fürstbistums Basel, Salzdirektor, Fruchtschaffner, Zolleinnehmer und nebenbei noch Wirt des Gasthofs zum Schlüssel – also der zu seiner Zeit mächtigste Mann im damaligen Grenzort Reinach. An prominentester Lage an der Wegverzweigung nach Basel, Aesch, Dornach, Ettingen und ins Laufental liess er ein Wegkreuz aufstellen. Das Werk wird dem einheimischen Künstler Niklaus Kury (1737-1803) zugeschrieben, daher der heute geläufige Name «Kury-Kreuz».
Dass der Name des Stifters - im Gegensatz zum Künstler - klar ist, liegt daran, dass Ersterer auch Wert darauf gelegt hat, seine Spuren bzw. sein Familienwappen auf dem Kreuz zu verewigen (unterer Teil im Bild).
Dreissig Jahre nach seiner Errichtung brach die Französische Revolution aus und im von den Franzosen besetzten Reinach wurden alle christlichen Symbole verboten. Gerade noch rechtzeitig konnte das Kreuz abgebaut und versteckt werden. Nachdem unter Kaiser Napoleon eine Versöhnung mit der Kirche stattgefunden hatte, durfte 1803 auch das Kury-Kreuz unter der Federführung des Gemeindepräsidenten, einem Sohn des Stifters, sein Versteck verlassen, es wurde restauriert und wieder aufgestellt. Diese Episode ist auf dem oberen Bild eingraviert.
Das 1972 unter Denkmalschutz gestellte und zwei Jahre später restaurierte Kreuz musste 1990 erneut seinen Standort verlassen. Es wurde wieder restauriert und an einem um einige Meter verschobenen Platz neu eingeweiht. Der Grund für den zwischenzeitlichen Boxenstopp war der Bau eines Wohnblocks mit einer Discounter-Filiale im Erdgeschoss, dessen damalige «Wir sind immer billig»-Werbung jedoch nicht sonderlich gut mit den vielen Inschriften des direkt davor aufgestellten Kreuzes harmonierten. So wurde hinter dem Kreuz eine Hecke hochgezogen, um den Blick auf den Discounter etwas zu verdecken.
Als 2013 der Bau des grossen Kreisels startete, musste das Kreuz wieder abgebaut und eingelagert werden. Währenddessen genoss es eine weitere Erfrischungskur. Am 30. Oktober 2021 wurde das inzwischen 260-jährige Kury-Kreuz im Beisein einer grossen Gästeschar von Pfarrer Alex Maier und Pfarrerin Florence Develey feierlich eingeweiht.
Eine Reportage über die Einweihung des Kreuzes im Oktober 2021 finden Sie hier:
Eine Geheimschrift?
Von den verschiedenen Inschriften am Kreuz sind folgende besonders hervorzuheben:
Auf einem Teilstück steht die Jahreszahl der Entstellung 1761 und darüber der Spruch:
Mein gott miCh sChmertzt dIe Vhrsach Deines Leidens Vnd todt
Die darin gross geschriebenen Buchstaben stehen für römische Zahlen, welche zusammengerechnet ebenfalls das Entstehungsjahr 1761 ergeben. Diese Buchstaben-Zahlen-Spielerei wird «Chronostichon» genannt.
1xM = 1000
1xD = 500
2xC = 200
1xL = 50
2xV = 10
1x I = 1
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1761
Auf allen Seiten des untersten Teilstücks sind vier Sprüche über die Erlösung der Menschen durch Jesus am Kreuz eingraviert. Einer davon erklärt, welche Bedeutung ein Kruzifix hat bzw. nicht hat:
«Dis bild wird nicht als Gott verehrt, wie wird von vilen falsch gelehrt: Sonder es zeigt uns CHRISTUM an, was für uns hat Er gethan? Am Creutz erlöst aus gnaden mild, Den Ehren wir in disem bild».
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